Wasserkurl

Kamen-Wasserkurl (erste Erwähnung und Mittelalter)

Auszug aus: Rudolf Neuhaus. 1100 Jahre Methler. Greven 1998. S. 38-40.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors R. Neuhaus.

Obwohl im Gegensatz zu Methler und Westick Wasserkurl in den Urkunden erst relativ spät erwähnt wird, ist die frühe Geschichte Wasserkurls nicht leicht zu ermitteln: häufig wird in Beurkundungen nicht zwischen der Bauerschaft Wasserkurl und dem Kirchdorf Kurl unterschieden. Sprachlich gibt Beisenherz für ‘Kurl’ die Bedeutung “Durch Rodung gewonnener, ausgewählter Platz” an.1 Diese Deutung ist zweifellos auch auf den in Wasserkurl – oder ‘Waterkurler’, wie es in der ältesten bekannten Urkunde heißt – enthaltenen Namensteil anzuwenden. Und spätestens, wenn man an das von Bächen und Rinnsalen durchzogene Gebiet des heutigen Wasserkurl denkt, liegt die Erklärung des zweiten Namensteils auf der Hand.

Die ältesten bekannten Nennungen Wasserkurls stammen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. In der Lehnrolle des Hermanne van Bynole vom 25. November 1341 ist folgende Angabe enthalten:2

”Datum anno Domini 1341 in die sancte Catherine virginis.

Dyt ys dat gut, dat van mi Hermanne van Bynole tho lene gheyt, dat hir na gescreven steet:

Item Richtemanns hove tho Waterkurler, de Evert Vrydach van my tho lene hevet.”

Der genannte Hof erhielt Ende des 14. Jahrhunderts die Bezeichnung ‚Richterincgut‘. 1486 wird zum ersten Mal ein Lambert Goissens erwähnt, nach dem der Hof ‚Goissincks Hof‘ und später dann ‚Gossmann‘ genannt wurde.3

In einem um 1350 entstandenen Limburger Lehnsverzeichnis, ist die Bezeichnung ‚Watercurler‘ aufgeführt. Das entsprechende Verzeichnis wurde 1776 in den Akademischen Beiträgen zur Jülich-bergischen Geschichte veröffentlicht. Dort heißt es unter der Überschrift ‚Matricul vasallorum bona et jura a domino Johanne de Limburg eiusque fratre Theoderico in feodo tenentum sine die et anno‘:4

”Item de Velnrede cum bonis de Velnrede.
Jacobum et Johannes Buckeman, gebrodere, cum manso in Wickede dicto Hesselinc et cum manso in Watercurler sito.”

In diesem Zusammenhang ist auch ein Eintrag in einem späteren Verzeichnis zu sehen, daß unter dem Grafen Eberhard von Limburg-Styrum (1387 – 1426) aufgestellt worden ist:5

”Item Goestwyn van Velmede myt den guede toe Velmede.
Jacob und Johan Bukeman, gebrodere, myt der Hoyven toe Wickede, geheiten Hesselinch und myt der hoyve toe Watercurler gelegen.”

Es ist zu vermuten, daß es sich bei dem genannten Hof in Wasserkurl um den Brüggemanns Hof gehandelt hat.6

Vermutlich teilten sich die Grafen von Altena-Isenberg und Altena-Mark die Herrschaft in Wasserkurl. Dabei scheinen die Höfe Brüggemann, Westermann, Ostermann und Feldmann in limburger und die Höfe Middendorf, Löddemann, Goßmann und Wortmann in märkischem Besitz gewesen zu sein. Ein Anspruch der sonst im Kirchspiel stark vertretenen Herren von Volmarstein ist nicht nachweisbar. Auch auf geistlichen Besitz findet sich erst Mitte des 15. Jahrhunderts ein Hinweis. Laut einem um 1450 erstellten Heberegister erhielt die Ordenskommende Brackel ”Twe sch. (Scheffel) gersten unde twe sch. haver tho Waterkurler”.7 Ein Hofname ist mit dem Anspruch der Kommende nicht verbunden.

Zum besseren Verständnis der Geschichte Wasserkurls soll auf die bereits genannten acht großen Höfe etwas näher eingegangen werden.8

  • Brüggemann:
    Der Hof wird um 1350 als limburgischer Grundbesitz erwähnt, mit dem die Brüder Jakob und Johannes Buckeman9 belehnt wurden. 1409 verspricht ein Wilhelm Boggemann dem Grafen Wilhelm von Limburg, eine Rente aus dem Gut ‚over der beke to Watercurlere‘ abzulösen. Bewohnt wird der Hof von ‚Hannes dey Molner‘. Ab 1412 wird die Familie von Romberg aus Massen mit dem ‚Bogemannen gut over der beke to Waterkurlen‘ belehnt.
  • Westermann:
    Der Hof wird zum ersten Mal 1430 erwähnt. In einer Urkunde aus diesem Jahr verkauft Gerd von Werne das Westergut zu Wasserkurl, auch Westerhof genannt, als ‚freies Eigentum‘10 an die Geschwister von Lintberg.
  • Ostermann:
    1428 wird ein ‚Bruchinkgut to Watercurler‘, auf dem ‚Johan des Gueten, Johans sone oppe wonet‘, genannt, daß Johann von Schwansbell an den Kamener Richter Heinrich von Lyborch, genannt Akenschocke, verkauft. Das Gut war hoch belastet. Es hatte jährlich 5 Schillinge an das Kloster in Herdecke und 14 Malter Korn an Godecke Hane zu leisten. die Zuordnung zum Hof Ostermann ist eindeutig: Auf der Rückseite der Urkunde ist in anderer Handschrift vermerkt: ‚Eyn Copfbrieff up dat Oisterguyt to Curler‘. Es kann sein, daß die Rente an das Herdecker Kloster schon bedeutend länger bestand. Johann Diedrich von Steinen erwähnt in seiner ‚Westfälischen Geschichte‘ für die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts ein nicht näher zuzuordnendes ‚Rynges gut gelegen tho Waterkurloe‘, daß ‚gevet seven schillinge ad Katedram Petri‘.11 Tatsächlich waren die Abgaben des Gutes an das Herdecker Kloster 1476 auf 7 Schillinge gestiegen.
  • Feldmann:
    Der spätere Hof Feldmann, der auch Droitmann genannt wurde, wird Ende des 14. Jahrhunderts erstmals erwähnt. 1392 erhielt ein Johan Kule von den Grafen von der Mark ‚to manlene dat Velthuyss to Waterkurler‘. Interessant ist, daß die Familie Kule ursprünglich Limburger Ministerialen waren. Ob ein Wechsel des Dienstherrn auch eine Veränderung des Grundeigentums nach sich gezogen hat, oder ob es umgekehrt war, ist nicht mehr zu klären.
  • Löddemann:
    Bei diesem Gut handelte es sich vermutlich um den in den Lehnbüchern der Grafen von der Mark 1392 erwähnten ‚hove in dem dorpe to Waterkurler, daer Ludeke Stert oppe wonet‘ und mit dem ‚Hinrich de Droge‘, der Richter zu Unna, belehnt war. 1422, als die Belehnung auf Engelbert von Vreysendorp übergeht, wird zum ersten Mal von ‚Löddemanns gut‘ gesprochen.
  • Middendorf:
    1374 verschrieb die Witwe des Alf von Büren – genannt Zerbrechtung –, Elske geborene Vrydag, den Brüdern Gerwin und Heidenreich von Thunen eine Rente aus dem ‚Middendorpschen gut to Watercurlere‘. Vermutlich handelte es sich um dasselbe Gut, daß in dem bereits erwähnten Lehnbuch der Grafen von der Mark als ‚guyt to Curler in dem kerspel to Meteler‘ aufgeführt ist. Als Lehnsnehmer wird dort ein ‚Huyssmann to Westwich‘ genannt.12
  • Goßmann:
    Wie bereits angesprochen wurde der Hof 1392 als ‚dat Richterincghut to Waterkurler‘, ein ‚borglene to Camene‘ bezeichnet. Es befand sich in den Händen eines Godert Vrydagh und ging später an die von Velmede bzw. deren erben von Düngelen zu Dahlhausen über. Auskunft über die wechselnden Bezeichnungen des Hofes gibt eine Urkunde aus dem Jahr 1513, in der Goswin von Velmede eine Rente für das Hospital in Kamen änderte, die aus dem ‚Goissincks, vormals Richtering Gut zu Kuyrler im Kirchspiel Meteler‘ stammte.
  • Wortmann:
    Über diesen Hof lassen sich wenig sichere Aussagen machen. 1360 verzichtete Diedrich von Vreysendorp auf ein Gut, ‚dat geheiten is dat Worthus‘. Nähere Angaben über den Besitz sind nicht überliefert. Im 17. Jahrhundert gehörte der Besitz zum Haus Kurl, im 18. Jahrhundert zu Velmede.

Erwähnt in diesem Zusammenhang sei noch einmal, daß bereits 1392 in den Lehnbüchern der Grafen von der Mark von dem ‚dorpe to Waterkurler‘ gesprochen wird. Tatsächlich werden bereits um 1400 mehrere kleinere dort gelegene Hofstellen genannt. 1404 schenkte die Witwe Elseke von Thunen den Büsenkotten als Memorienstiftung der Kamener Kirche. Bei der Besitzung hat es sich um die spätere Stelle Knuf gehandelt. Ein Jahr später, 1405, verkauft Bernd von Romberg zu Massen den ‚Steinhoff‘ an Diedrich Vrydagh. Beide Male wird es sich um Absplitterungen der benachbarten Höfe Brüggemann bzw. Middendorf gehandelt haben. Über die übrigen vermutlich ebenfalls sehr alten Hofstellen in Wasserkurl – Rump, Hagedorn, Heusselmann, Schmidt und Steinfort – gibt es aus dieser Zeit keine urkundlichen Erwähnungen. Das 1486 erstellte Schatzbuch der Grafschaft Mark nennt für Wasserkurl 13 Höfe. Die gleiche Anzahl ist auch in dem Verzeichnis über Hand- und Spanndienste aus dem Jahr 1666 aufgeführt. 1766 erwähnt der Methleraner Pfarrer in seinem Einwohnerverzeichnis 26 Familien mit 156 Personen.

Für Westick führt das Schatzbuch übrigens 16 Anwesen auf. Bis 1666 stieg ihre Zahl nur unwesentlich auf 19. 1766 lebten hier 33 Familien mit 178 Personen. Wie auch in Wasserkurl war zu dieser Zeit rund ein Drittel der Bevölkerung unter 14 Jahre alt.

1Beisenherz, Kurl, S.1

2 Gedruckt in: Wolf, Manfred, Die Lehnrolle der von Binolen aus dem Jahre 1341, Der Märker, 1981, Heft 1/2, S.38 – 41

3 Vgl. die entsprechenden Angaben zu ‚Gossmann‘, in : Rogge, Die Höfe in Wasserkurl, im Anhang.

4 Kremer, Akademische Beiträge zur Gülich und Bergischen Geschichte, Band 2, Mannheim 1776, S.150, zitiert nach Rogge, Urkundensammlung des Kirchspiels Methler

5 Kremer, Akademische Beiträge, Band 2, S.176; Beisenherz weist das Verzeichnis nur grob dem 14. Jahrhundert zu. vgl. Beisenherz, Kurl, S.301

6 Rogge, Urkundensammlung des Kirchspiels Methler

7 StAM, Pergamentbd. VII, 6127, zitiert nach Beisenherz, Kurl, S.302

8 Zu den Angaben vgl. Rogge, Das Dorf Wasserkurl, sowie ders., Die Höfe in Wasserkurl, im Anhang.

9 Weitere Nennungen: Bukeman, Boggemann u. ä.

10 Ob es sich tatsächlich um freies Eigentum handelte oder – wie häufig – um einen ‚juristischen Trick‘, muß offen bleiben.

11 Nachricht von einigen Gewohnheiten, Gerechtigkeiten und Einkünften des Stifts Herdicke, in: v. Steinen, Johann Diedrich, Westfälische Geschichte, IV.Teil, 23. Stück, Historie des Adlich und Frey-weltlichen Stifts und Freiheit Herdicke, S.117 – 159, bes. S.131

12 Die Bezeichnung des Gutes als ‚Schultenhof zu Kurl‘, wie sie Margaret Westerburg-Frisch vornimmt, scheint falsch zu sein. In der Quelle wird das Gut eindeutig dem Kirchspiel Methler zugeordnet. vgl. Margret Westerburg-Frisch (Hg.), Die ältesten Lehnbücher der Grafen von der Mark (1392 und 1393), Veröffentlichungen der historischen Kommission Westfalens XXVIII, Westfälische Lehnbücher, Band 1, Münster 1967, Anmerkung A-63. Dieselbe Kritik muß man bei ihrer Zuordnung des Gutes Schäkermann zum Kirchspiel Kurl walten lassen.