von Klaus Holzer
Abb. 1: Straßenschild
Das Wort „Bredde“ (auch „brede“ und viele andere mundartliche Bezeichnungen) bedeutet zunächst einfach „Breite, Weite, weite Fläche/Ebene“, hat dann aber fast überall in Deutschland die Bedeutung „breites Ackerstück“ angenommen. Es handelt sich¹ um eine Ackerbezeichnung, die in Langstreifenfluren besonders auffällig war. Häufig war sie Land des Schultenhofes oder des örtlichen Adelssitzes.
Aber warum war das überhaupt so bemerkenswert, daß daraus ein unterscheidendes Merkmal wurde, gar ein Flurname?
Bis zur Einführung des eisernen Pfluges gab es nur ganz einfache Pflüge, z.B. Holz– oder Geweihstangen, die den Boden bloß aufrissen, daher mußte man den Acker kreuzweise pflügen.
Abb. 2: Hakenpflug
Die große Neuerung bracht der Kehrpflug. Er brach die Krume um, so daß der Boden viel tiefer aufgelockert und besser belüftet wurde. Dieser Pflug wies zuerst nur ein Streichblech mit Streichschiene und Schar auf, später dann eine Doppelschar. Es ist aber offenkundig, daß das Wenden eines solchen Pfluges, gezogen von Ochsen oder Pferden, einen erheblichen Aufwand bedeutete.
Abb. 3: Doppelscharpflug, Ulm 1935
Das Pflügen mit einem solchen Pflug ließ allerdings eine grobe Krume zurück, daher brauchte man zusätzlich eine Egge, mit der man den Boden für die neue Aussaat vorbereiten konnte.
Abb. 4: Eggen mit Pferden, England 1942
Das bedeutete, daß der Bauer mit seinem Gespann sein Stück Acker mehrfach befahren mußte. Und das wiederum bedeutete, daß er sein Gespann oft wenden mußte, was kompliziert und daher umständlich und mühselig war und viel Zeit kostete. Der neue eiserne Pflug konnte daher nur dann effektiv eingesetzt werden, wenn man ihn nicht so oft wenden mußte. Jetzt war also das rechteckige, d.h., möglichst lange und entsprechend schmalere Feld besser geeignet für diese bäuerliche Tätigkeit und wurde bald zum Normalfall. War dennoch ein quadratisches, d.h., breites Feld übriggeblieben, war es eine Besonderheit. Daher gibt es den Flur-, daraus folgend den Straßennamen In der Bredde.
Abb 5: Gewanne¹
Diese Abbildung zeigt sehr schön, wie ein Dorf sich organisierte. In direkter Umgebung de Dorfes lag die Allmende, manchmal als (Dorf)Anger, wo man sein Vieh weiden ließ. Um das Dorf herum lagen drei Gewanne, jeweils in Felder unterteilt, drei, weil man gelernt hatte, daß man den Ernteertrag durch die Dreifelderwirtschaft steigern konnte: Auf einem Feld wird Wintergetreide, auf einem anderen Sommergetreide angebaut, das dritte bleibt ungenutzt, Brache. Dabei wechselten die Anbauformen jährlich, das Feld kann sich also in jedem dritten Jahr erholen. Diese Neuerung bedeutete eine wesentliche Verbesserung im Bereich der Landwirtschaft. Vorher wurde ein Feld eine Saison bebaut und lag danach brach (Zweifelderwirtschaft). Die verbesserten Ernteerträge führten zu besserer Ernährung, diese wiederum zu einem Bevölkerungswachstum. Alles dieses war Voraussetzung zur Gründung von Städten, weil diese jetzt von Bauern mit Lebensmitteln versorgt werden konnten.
Und noch etwas zeigt diese Abbildung: Die Anlage der Felder hatte absoluten Vorrang vor allem anderen. Wege nahmen nicht die kürzeste Route, sondern die unschädlichste.
Heute sind solche schmalen Streifenparzellen längst verschwunden. Zusammenlegung und Flurbereinigung sorgten dafür, daß solche Bezeichnungen ebenfalls verschwanden. Und natürlich ist das mühsame Wenden eines Pfluges auch Geschichte. Moderne Ackerschlepper können das ganz leicht. Nur Straßennamen erinnern noch an Fluren.
Quellen: Abb. 1: Photo Klaus Holzer; Abb. 2: Wikipedia, Pflug Altenwindeck; Abb. 3: Doppelschar-Kehrpflug mit Pflugkarren für tierischen Zug, Fa. Eberhardt, Ulm 1935, Wikipedia; Abb. 4: Photo D 8549, Imperial War Museum, Wikipedia; Abb. 5: Gewanne, Wikipedia, Falk Oberdorf, Osterstr. 8, 32312 Lübbecke
1 Ackergrenze, an der der Pflug gewendet wird, in mehrere Streifen aufgeteiltes Ackergelände
KH